Angst im Beruf – Gefühl mit Potenzial

Das Tabu-Thema: Angst im Beruf

Zu den mutigsten Menschen, die ich kenne, gehören jene, die folgenden Satz über die Lippen bringen: "Ich habe Angst." Es sind nur wenige, und gerade in der Business-Welt, vor allem in den oberen Etagen, sind sie extrem selten. Dort hat einfach so gut wie niemand Angst. Das ungebliebte Gefühl gilt als Zeichen von Schwäche, vielleicht sogar von mangelnder Führungskompetenz. Angst im Beruf ist ein regelrechtes Tabu-Thema. Und das ist fatal, denn in der Angst steckt jede Menge Potenzial.

Angst vorm Zahnarzt

Menschen sprechen  im Allgemeinen nicht gerne über ihre Angst. Schon gar nicht über ihre Angst im Beruf.  wenn sie es dennoch tun, haben grundsätzlich nicht sie selbst Angst, sondern ein abstraktes Wesen namens "man". "Man hat da schon Angst", heißt es dann in hörbarer Distanz zum eigenen Ich. Das ist bezeichnend. Wir leben in einer Anti-Angst-Kultur. Wenn überhaupt, dann ist es allenfalls legitim, vor Schlangen, Spinnen und Zahnärzten Angst zu haben. Das versteht und akzeptiert fast jeder. Aber vor Mitarbeitergesprächen, Prüfungen oder Auftritten auf der Bühne? Da sind wir allenfalls nervös oder "haben Respekt davor". Niemand hat Angst. So scheint es.

Was Arbeitgeber wollen

Angst vor dem Sprung? Great Growing Up trainiert Menschen darin, ihre Angst zu nutzen.
Angst kann lähmen. Sie zu verdrängen hilft da nicht weiter.

Neulich war ich wieder mal auf einer Bildungsmesse unterwegs. Eine dieser Veranstaltungen, dieses Mal von der IHK Heilbronn-Franken, wo sich unglaublich viele Firmen um potenzielle Auszubildende bemühen. Firmen präsentieren sich dort und stellen sich vor, machen Aktionen mit den Besuchern und hoffen, dass sie möglichst viele für ihr Unternehmen gewinnen können.

Wann immer ich auf Bildungsmessen unterwegs bin, komme ich viel mit Ausbildungsleitern und Ausbildern, aber auch mit Personalern ins Gespräch. Und gar nicht selten werde ich mit einer ganz bestimmten Frage konfrontiert: „Herr Stolla, was genau machen Sie denn mit den Azubis bzw. mit den Mitarbeitern?“ Ich antworte dann, indem ich sage: „Ich sorge dafür, dass sie sich zu verantwortlichen, erwachsenen Mitarbeitern entwickeln.“

Was Mitarbeiter nicht wollen

Ich muss feststellen, in den seltensten Fällen sind meine Gesprächspartner mit dieser Antwort zufrieden. Sie fragen dann erwartungsgemäß: „Wie machen Sie das?“ Wie ich das mache ist nicht allzu leicht zu beantworten. Ich versuch‘s mal: „Ich versöhne Ihre Mitarbeiter bzw. die Auszubildende mit dem, was sie nicht mögen, damit Sie als Ausbilder bzw. als Personaler das bekommen, was Sie wollen.“  Schwupps, schon tun sich wieder zwei Fragen auf. Nämlich: Was genau ist das denn, was Auszubildende oder Mitarbeiter nicht leiden können?

Die Mär vom "negativen Gefühl"

Meine Antwort: In aller Regel wollen sie keine sogenannten „negativen Gefühle“. Als negative Gefühle bezeichnen die meisten Menschen Ärger, Trauer und Angst. Und die Frage ist, warum sollten die nicht negativ sein? Denn für die meisten Menschen fühlen sie sich negativ an. Sie reißen sie aus ihrer Ruhe, sie reißen sie aus ihrem Wohlgefühl. Ärger wird als aggressiv wahrgenommen, Trauer ist schwach und verletzlich und Angst ist auch nicht gerade positiv besetzt. Aber heute geht’s genau um Angst im Beruf.

Ärger und Trauer 

Wozu sollen denn diese, angeblich negativen, Gefühle denn gut sein? Mit Ärger und Trauer werde ich mich in dieser Episode nur ganz kurz befassen. Ich gehe davon aus, das ich für diese beiden noch gesonderte Podcast Episoden produziere. Heute geht’s um die Angst. Dennoch kurz ein paar Worte zu Ärger und Trauer.

Wozu Ärger gut ist

 Die meisten meiner Gesprächspartner verstehen relativ schnell wozu Ärger gut ist. Ich rede jetzt nicht von dem totalen Wutanfall, von Jähzorn und von Leuten-den-Kopf-Abschlagen oder gar Amoklaufen. Ich rede von verantwortlich, erwachsen genutztem Ärger. Und da ist Ärger eben jenes Gefühl, das mir hilft, Unterscheidungen zu treffen, Entscheidungen zu treffen. Ärger ist das Gefühl, mit dem ich Klartext spreche und entscheide: Das hier will ich, das hingegen möchte ich nicht. Also salopp gesagt, mit einer kleinen Portion Ärger fällt es mir leicht, mich zu entscheiden, ob ich Ketchup oder Mayo, Cola oder Fanta will. Völlig ohne Ärger bin ich nicht in der Lage, mich zu entscheiden. Ich werde dann zu einem Menschen, der oft Worte benutzt wie „vielleicht“ oder „eigentlich“ oder „ich weiß noch nicht“. Und schon am Tonfall kann man erkennen, dass da wenig bis gar kein Ärger drin ist.

Was Trauer bringt 

Wozu ist Trauer gut? Trauer ist jene emotionale Empfindung, die mich empathisch werden lässt. Die mich auch ins Mitgefühl führt und die dafür sorgt, dass, wenn ich zum Beispiel meinen Ärger äußere, auch ein klein wenig darauf achte, dass ich mein Gegenüber nicht mehr verletze als notwendig. Trauer sorgt für Rücksicht, für Mitgefühl, für Empathie. Und es ist das Gefühl, das mich dazu bringt zuzuhör

Angst im Beruf ist ein Tabu-Thema. Great Growing Up trainiert Menschen darin, ihre Angst verantwortlich zu nutzen.
Angst im Beruf ist ein Tabu-Thema. Das hindert Menschen daran, sie zu nutzen.

en, wenn mir 0beispielsweise jemand sein Herz ausschüttet. So viel in aller Kürze zu Ärger und zu Trauer.

Warum keiner Angst haben will

Angst im Beruf ist, so wie ich das erfahre, schrecklich unpopulär. Ich erlebe gerade in der Geschäftswelt nahezu niemanden, der in der Lage ist, frisch, fromm, fröhlich und frei zu sagen: „Vor dem Termin mit meinem Chef morgen habe ich Angst.“ Wir vermeiden es, unserer Angst ins Gesicht zu sehen, wir vermeiden es, sie beim Namen zu nennen. Wir haben jede Menge Ersatzbezeichnungen parat, um ja nicht zugeben zu müssen, dass wir Angst haben. Wir reden lieber von  „Bammel“, von „Hosenflattern“, von Nervosität, von Unruhe, manchmal sagen wir auch: „Oh, vor meinem Chef habe ich ganz schön Respekt!“ Und wir meinen eigentlich gar nicht Respekt, sondern wir meinen, wir haben Angst davor, dass er irgendetwas tun könnte, was uns schadet, uns verletzt, was von Nachteil sein könnte. Woher kommt diese Abneigung vor der Angst?

Aus der Routine gerissen

Ich glaube, sie kommt daher, dass viele von uns gelernt haben, wenn wir Angst im Beruf - und im Allgemeinen - zugeben, bekommen wir keinen Beifall, vielmehr werden wir ausgelacht und verspottet. Wer Angst hat und es zugibt, gilt als schwach und vielleicht sogar als unberechenbar, als unzuverlässig. Diese Prägung führt dazu, dass wir Angst als etwas begreifen, dass nicht gut ist, als etwas Negatives. Wir richten unseren gesamten Fokus auf das, was wir an der Angst nicht mögen: die Unsicherheit, die Unberechenbarkeit. Diese Unruhe, die sich in u

Angst im Beruf ist weit verbreitet. Great Growing Up hilft dabei, Angst als etwwas Wichtiges und Positives zu erleben.
Den Kick suchen: Bewusst erlebte Angst hat viel mit Spaß und Lebendigkeit zu tun.

ns ausbreitet - mein Herzschlag beschleunigt sich, mein Blut rattert durch meine Adern, mein Atem geht schnell und ich fühle mich aus meiner Routine gerissen - das ist in der Tat das, was Angst tut. Angst reißt uns aus der alltäglichen Routine.

Fear is frozen fun

Interessanterweise gibt es viele Menschen, die genau das suchen. Sie nennen es dann den Kick oder den Adrenalinflash. Viele Menschen suchen in ihrer Freizeit Dinge, die ihnen genau das ermöglichen, was sie im Alltag wie die Pest meiden. Den Kick, den Adrenalinflash, etwa beim Achterbahnfahren oder beim Bungee-Springen oder beim Fallschirmfliegen oder beim Extremklettern oder was auch immer. Das sind Freizeitaktivitäten, die uns den Kick vermitteln, der im Grunde nichts anderes ist, als dieses aufregende, lebendige, unruhige Gefühl, das uns komplett aus unserem vielleicht manchmal etwas zu ruhigen, langweiligen Alltag reißt.

Wertung entscheidet

Gar nicht wenige von uns suchen gezielt die Angst, aber ich glaube nur ziemlich wenigen von uns ist bewusst, dass wir genau das tun. Wir suchen diesen Kick, wir suchen dieses unglaublich unruhige, man könnte auch sagen lebendige Gefühl der Angst. Denn wenn ich es

Umgang mit Angst ist auch ein Thema für Katrin Wick von der Firma Gmü.
Ausbildungsleiterin Katrin Wick (Gemü) wünscht sich selbständigere Azubis.

wertfrei betrachte, dieses Gefühl Angst, ist die Aufregung, die ich spüre, wenn ich in der Achterbahn in die Tiefe rausche, exakt das gleiche emotionale Gefühl wie die Angst im Beruf: vor einer Präsentation vor Publikum oder auch vor dem Gespräch mit dem Chef. Die Wertung ist unterschiedlich, das Gefühl ist das Gleiche.

Zwei Ausbilder-Wünsche

Nachdem wir jetzt wissen was Auszubildende, aber auch viele andere Mitarbeiter, nicht leiden können, nämlich zum Beispiel das Gefühl der Angst im Beruf, wird es Zeit, die Frage zu beantworten: Was wollen denn Personaler und Ausbildungsleiter von ihren Mitarbeitern bzw. von ihren Azubis? Eine Antwort gibt Katrin Wick, Ausbildungsleiterin der Firma Gemü in Ingelfingen-Criesbach in Hohenlohe.

Katrin Wick: „Selbstständigkeit. Es mag sein, dass es dadran manchmal mangelt, dass man auch mal selbstständig was in die Hand nimmt und auch durchführt. Projekte zu Ende bringt, ohne zwischendrin aufzugeben, also auch das Durchhaltevermögen zeigt.“

Angst vor der Verantwortung

Selbstständigkeit also und Durchhaltevermögen. Was haben diese beiden Eigenschaften mit Angst zu tun? Mehr als mancher glauben mag. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus einer anderen Frage: Was hält mich denn davon ab, selbstständig etwas anzugehen? Selbstständig etwas anzugehen erfordert etwas, das man Initiative nennt. Ich ergreife die Initiative. Wenn ich das nicht tue, hat das in der Regel einen emotionalen Grund. Und der wiederum liegt in meiner Angst.

Angst, Fehler zu machen

Wenn ich mich nicht traue, eine Aufgabe selbstständig anzugehen, hat es in aller Regel damit zu tun, dass ich Angst davor habe, die Aufgabe falsch anzugehen, einen Fehler zu machen, nicht das gewünschte Ergebnis hinzubekommen. Kurz zusammengefasst, ich habe Angst etwas zu verbocken und fange deshalb erst gar nicht damit an. Bildhaft dargestellt zeigt sich diese Denkhaltung in einem Mitarbeiter oder Auszubildenden, der mit den Händen in den Hosentaschen dasteht.

Durchhaltevermögen entwickeln

Was hat es mit Durchhaltevermögen zu tun? Im Grunde exakt das gleiche. Durchhaltevermögen heißt, ich bleibe an meiner Aufgabe dran, egal, welche wenig ermutigenden, Gedanken mir durch den Kopf gehen oder was auch immer die Menschen um mich herum darüber sagen. Ich mache weiter, obwohl ich die Information bekomme: „Hey, das sieht schlecht aus, das könnte schiefgehen, du wirst das wohl falsch machen.“ Im Grunde mache ich das Gleiche wie bei der Initiative: Ich bemerke meine Angst, aber ich entscheide, ich lasse mich von meiner Angst nicht stoppen. Nach meiner Erfahrung ist Angst immer nur dann ein Problem, wenn ich mir ihrer nicht bewusst bin.

Verdrängtes hat Macht

Alles, was ich in mein Unbewusstsein verdränge, hat Macht über mich. Ich möchte nicht, dass die Angst entscheidet, ob ich etwas tue, ich möchte lieber, dass ich entscheide. Aber dafür muss ich mir meine Angst im Beruf anschauen, muss sie akzeptieren und am einfachsten geht es, wenn ich sie benenne. „Oh, ich habe Angst vor dem Gespräch, aber ich tu‘s trotzdem!“. Denn in der Angst steckt unglaublich viel Potenzial. Angst macht mich achtsam. „Hey, das ist ein Gespräch, vor dem ich Angst habe, da flattern mir die Hosenbeine, da steht viel auf dem Spiel. Da muss ich aufpassen, was ich sage, da muss ich gut zuhören.“ Das ist Achtsamkeit und die hat ihre Wurzeln in der Angst.

Was verdrängte Angst macht

Wenn ich meine Angst verdränge, kann es passieren, dass ich vielleicht sogar leichtsinnig und unachtsam in so ein wichtiges Gespräch gehe. Oder es kann passieren, dass ich mir einbilde: „Oh, ich bin nicht gut vorbereitet, ich fühle mich krank, ich sage den Termin ab.“ Dann hat die Angst entschieden. Und genau das möchte ich nicht. Und die allermeisten Ausbildungsleiter und Personaler, mit denen ich spreche, wollen es auch nicht. Die wünschen sich Mitarbeiter und Azubis, die erwachsen entscheiden und sich nicht von ihrer Angst hemmen lassen.

Was Angstvermeider machen

Ich kann natürlich auch ganz anders mit meiner Angst im Beruf  umgehen. Ich kann entscheiden: „Nee, für mich überwiegen die negativen Aspekte. Dieses Gefühl möchte ich in meinem Leben nicht mehr spüren.“ Und das geht. Der Weg, Angst komplett zu vermeiden, ist gleichbedeutend mit dem Weg „Ich vermeide Herausforderungen“. Ich vermeide alles, was mich aus der Ruhe und der Alltagsroutine wirft. Ich gehe keine neuen Aufgaben an. Ich stelle mich keinen Risiken, ich bewege mich nur noch innerhalb meiner Bequemlichkeitszone.

Herausforderungen meiden

Speziell für Ausbilder, behaupte ich, ist das ein Problem. Denn kein Ausbilder will einen Azubi, der nur noch in seiner Bequemlichkeitszone verharrt, der nur noch tut, was er kann, wo er sich sicher fühlt und neue Herausforderungen meidet wie die Pest. Das wünscht sich, glaube ich niemand, weder von einem Azubi, noch von einem Mitarbeiter.

Mut macht den Unterschied

Umgang mit Angst ist auch Thema bei Reca Norm.
Ausbildungsleiterin Katharina Krafft (Reca Norm) mit "ihren" Azubis.

Was es dazu braucht, ist der Mut, der eigenen Angst ins Gesicht zu schauen und sie zu akzeptieren. Wenn Azubis und Mitarbeiter das tun, erfühlt sich der Wunsch von vielen Personalleitern und von vielen Ausbildern. Auch der von Katharina Krafft, Ausbildungsleiterin der Firma RECA Norm in Kupferzell.

Offen für Neues

Katharina Krafft: „Ich würde mir wünschen, dass die jungen Leute Herausforderungen angehen und dass sie einfach offen für Neues sind. Sich trauen, Sachen zu machen, wo sie vielleicht auch keine Erfahrung haben. Weil es schlussendlich das ist, was wir von unseren Azubis brauchen. Sie werden manchmal ins kalte Wasser geworfen, aber letztendlich lernen sie so am allerbesten. Und ja, es werden noch einige spannende Herausforderungen in der Zukunft auf uns zukommen. Auch für uns von der Ausbildungsseite.“

Wofür wir Mut brauchen

Mut steht auf der Wunschliste vieler Personalleiter und Ausbilder ganz weit oben. Etwa der Mut, eine neue Herausforderung anzugehen. Der Mut, eine neue Lösung zu suchen und zu finden., ein neues Produkt zu entwickeln. Oder der Mut, nach vorne zu gehen und etwas zu präsentieren, die entscheidende Frage vor der Gruppe zu stellen. Es gibt unglaublich viele Beispiele, wo wir Mut brauchen, um die Initiative zu ergreifen. Wo wir Mut brauchen, um uns, mit dem was wir denken, glauben und können, zu zeigen. Der Mut, unser gesamtes Potenzial zur Verfügung zu stellen.

Was Mutige riskieren

Denn wer sich zeigt, wer in Erscheinung tritt, die Initiative ergreift, das Wort ergreift, die entscheidenden Fragen stellt oder Lösungen vorschlägt, riskiert etwas. Wir riskieren Ablehnung, wir riskieren ausgelacht zu werden, wir riskieren verdrehte Augen. Wir riskieren, dass unser Gegenüber uns erst gar nicht zuhört. Kurzum: Wir riskieren Verletzung.

Ohne Angst kein Mut

Wenn ich mir darüber im Klaren bin, dass ich Angst davor habe, verletzt zu werden, habe ich zwei Vorteile auf meiner Seite. Erstens: Ich muss diese Entscheidung nicht meiner unbewussten Angst überlassen, ich kann selbst entscheiden, ob ich mutig genug bin, die Aufgabe anzugehen. Und ich kann die Achtsamkeit und die Aufmerksamkeit nutzen, die sich aus dieser Angst ergibt. Dummerweise aber gibt es beim Thema Mut einen weit verbreiteten Irrtum. Viele Menschen glauben Mut sei die Abwesenheit von Angst. Das Gegenteil ist der Fall. Ohne Angst im Beruf habe ich keinen Grund, in meinem Job mutig sein zu müssen. Wo keine Angst ist, gibt es auch keinen Mut. Einfach weil es keine Notwendigkeit gibt mutig zu sein. Dinge, die mir keine Angst machen, erfordern keinen Mut von mir.

Junge Menschen brauchen Führung

Umgang mit Angst im Beruf ist Teil des Trainings von Great Growing Up für Würth Elektronik eiSos.
Maria Böcker, Leiterin der Ausbildung bei Würth Elektronik eiSos.

Gerade eine Ausbildung in einem dynamischen, lebendigen Unternehmen aber sollte mehr als genug Gelegenheiten bieten, um Mut zu zeigen. Was aber brauchen vor allem junge Menschen, um sich zu mutigen verantwortungsvollen Erwachsenen zu entwickeln? Hier eine Antwort von Maria Böcker, der Ausbildungsleiterin von Würth Elektronik eiSos in Waldenburg.

Den Weg weisen

Maria Böcker: „Mein Eindruck ist, dass die jungen Leute heute mehr Begleitung brauchen, mehr in Richtung Fürsorge. Also ich habe als Ausbilder oder auch als Ausbildungsleiterin mehr die Verantwortung, die jungen Leute auf einen bestimmten Weg zu weisen. Das brauchen die jungen Leute in meinen Augen heute vermehrt als noch vor fünf, sechs Jahren.“

Ganzheitlich Ausbilden

Junge Menschen brauchen also Führung. Am besten von Ausbildern und Mitarbeitern, die ihrerseits im verantwortlichen Umgang mit Trauer, Ärger und vor allem Angst praktisch geschult sind. Derart ausgebildete Mitarbeiter wissen, warum Angst im Beruf wichtig ist und wie man ihre Qualitäten, über die sonst eigentlich niemand spricht, nutzt. Und zwar so, dass es dem Mitarbeiter selbst und dem Unternehmen dient. Mit solchen Ausbildern kann ein Betrieb Menschen ganzheitlich Ausbilden.

Wie Ausbilder trainiert werden

Weil man den verantwortlichen Umgang mit Angst aber nicht anhand von theoretischen Erklärmodellen lernen kann, hat sich Würth Elektronik eiSos auf einen anderen, eher praktisch geprägten Weg gemacht. Alle gut 60 Ausbilder des Unternehmens haben sich in den vergangenen Monaten trainieren lassen und am eigenen Körper erfahren, wie sich dieses Gefühl Angst, das manche immer noch lieber Respekt oder Hosenflattern nennen, körperlich anfühlt. Und sie haben trainiert, dieses Gefühl zum eigenen Vorteil und damit auch zum Vorteil des Unternehmens zu nutzen.

Als Vorbild führen

Auf diese Weise werden sie zu Ausbildern und Mitarbeitern, die als Vorbild führen. Und von nichts lernen junge Menschen so schnell und so bereitwillig, wie von geschulten Vorbildern, die mutig genug sind, ihre Angst beim Namen zu nennen.

Unternehmen wollen wachsen. Menschen auch.

Mehr dazu finden sie auf meiner Website www.greatgrowingup.com.

© Matthias Stolla 2017