Markus hat Angst. Angst um seinen Freund Frank. Seit gut zwei Stunden sitzt Markus nun in dessen Küche und erkennt seinen Freund fast nicht wieder. Markus und Frank sind schon seit ihrer Zeit in der Grundschule befreundet. Markus hat Frank schon immer bewundert: um seinen Mut, Neues zu wagen. Nicht weniger um seine quirlige Lebendigkeit, mit der er Menschen faszinierte. Und um seine Vertrauenswürdigkeit, die es ihm leicht machte, Menschen für sich zu gewinnen. Aber jetzt wirkt Frank, als sei er psychisch krank.
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Im großen Schwarzen Loch
Frank ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Je länger Markus an Franks Küchentisch sitzt, desto unbehaglicher wird ihm. Markus hört lange zu, dann versucht er zu helfen. Er spricht mit Frank, aber all seine Versuche, seinem Freund Mut zu machen, ihm Perspektiven aufzuzeigen, verschwinden wie Materie in einem großen Schwarzen Loch. Frank geht es ganz offensichtlich furchtbar. Er wirkt vollkommen kraftlos. So, als hätte ihm das Leben das Rückgrat gebrochen. Nichts von dem, was Markus ihm sagt, scheint zu verfangen. Frank hat den Glauben daran, dass es ihm je wieder besser gehen wird, komplett verloren. Er sieht keinen Sinn mehr im Leben. Frank ist psychisch krank.
Total erschöpft
Markus‘ Freund kann nicht mehr. Sein Job ist anstrengend. Das war ihm von Anfang an klar, aber das hat ihm in all den Jahren nichts ausgemacht. Frank ging immer gerne zur Arbeit. Früher. Heute weiß er morgens nicht, wo er die Kraft dafür hernehmen soll, und abends nicht, wie er seinen Kopf ausschalten soll. Er geht mit bedrückenden Gedanken ins Bett und wacht damit auf.
Gefährliche Andeutungen
Irgendwann, spät am Abend beginnt Frank, seltsame Andeutungen zu machen. Sie sorgen dafür, dass Markus Gänsehaut bekommt. Er sagt nicht, „Ich denke daran mich zu umzubringen“. Stattdessen spricht er davon, dass es „vielleicht besser ist, wenn ich mich ausknipse“. Markus versteht dennoch und hat Angst. Sein Freund ist psychisch krank. Frank muss ihm hoch und heilig versprechen, dass er sich bis zum Morgen nichts antun wird. Erst danach wagt es Markus, seinen Freund alleine zu lassen. Für diese Nacht.
Diagnose Depression
Am nächsten Morgen fährt Markus mit Frank zum Arzt. Der will Frank zunächst ein Beruhigungsmittel verordnen. Aber Frank stellt klar, dass das nicht reichen wird. Als er von seinen Suizidgedanken spricht, geht alles ganz schnell. Sein Arzt diagnostiziert eine schwere depressive Episode und stellt Frank eine Überweisung aus. Der Arzt geht auf Nummer sicher: Er nimmt Markus das Versprechen ab, Frank noch heute in eine Psychiatrische Klinik zu fahren. Jetzt ist es amtlich: Frank ist nicht einfach nur erschöpft, er ist psychisch krank.
Wie in einem Alptraum

Was dann geschieht, sieht Frank wie durch dichten Nebel. Markus fährt ihn nach Hause. Dort packt Frank seine Sachen für den anstehenden Klinikaufenthalt. Er ist den Tränen nahe. Es fühlt sich an, als würde sein Leben jetzt zu Ende gehen. Die Fahrt zur Klinik erlebt Frank wie in einem bösen Traum: Er sieht sich selbst im Auto, zusammengesunken auf dem Beifahrersitz.
Abschied an der Kliniktür
Mit einer Reisetasche in der Hand verabschiedet Frank sich von seinem Freund Markus. Dann fällt die Tür hinter ihm ins Schloss. Frank ist völlig fertig mit den Nerven. Es fühlt sich an, als käme er ins Gefängnis. Markus ist es sehr schwer gefallen, seinen Freund in der Psychiatrie abzuliefern. Die paar Minuten dort am Empfang haben ihm schon gereicht. Am liebsten hätte er ihn wieder mitgenommen, aber diese Verantwortung konnte er nicht übernehmen.
Psychisch krank in allen Formen
Frank versucht, mit seiner neuen Umgebung klarzukommen. Er erlebt dort Menschen, die ebenfalls psychisch krank sind. Aber anders als er. Manche schleichen teilnahmslos durch die Gänge, andere wirken hyperaktiv, und wieder andere beginnen urplötzlich wie wild zu schreien. Franks Stimmung sinkt noch tiefer. Er will weg. Zum Glück bekommt er ein Zimmer für sich allein und ist dankbar für das Schlafmittel, das ihm der Pfleger verabreicht.
Suizidgedanken
Am nächsten Tag spricht Frank mit der Psychologin und der leitenden Ärztin. Weil er ihnen glaubhaft versichern kann, dass er sich trotz seiner Suizidgedanken nichts antun werde, bekommt er zweimal 15 Minuten Ausgang. Frank sitzt draußen unter einem Baum, telefoniert und weint. Am Nachmittag erhält er eine gute Nachricht: Die Ärzte erlauben ihm den Wechsel in die offene Station. Erleichtert verlässt er die geschlossene.
Die Therapie beginnt
Das erneute Aufnahmeverfahren mit Arztgesprächen und Untersuchungen bestimmt die zweite Tageshälfte. Frank spricht über seine Ängste: davor, zu versagen, seinen Job zu verlieren, sozial abzustürzen. Die Stationsärzte verordnen ihm Antidepressiva sowie Schlafmittel für die Nacht. Frank erfährt, dass er nur befristeten Ausgang bekommt. Und Programm hat er zunächst auch nicht. Es dauert ein paar Tage, bis er in die täglichen Therapieangebote integriert wird. Also verbringt er einige Tage ohne Programm. Davor hat er schrecklich Angst, denn ohne Ablenkung kreisen seine Gedanken ständig um seine Ängste. Aber die Psychopharmaka wirkt. Frank entspannt sich, denn der Wirkstoff stoppt den Abwärtsstrudel in seinem Kopf.
Voreilig optimistisch
In der Chefarztvisite nach dem Wochenende gibt Frank ein deutlich stabileres Bild ab als zuvor. Seine offene und reflektierte Art beeindruckt Ärzte und Pfleger. Der Chefarzt sagt, Frank könne voraussichtlich zu Beginn der kommenden Wochen entlassen werden. Frank reagiert euphorisch. Er sieht sich auf gutem Weg und freut sich auf Zuhause. Vielleicht, so beginnt er zu hoffen, ist er ja doch nicht psychisch krank.
Die Angst kommt zurück

Foto: pixabay/LeFox
Im Laufe der Nacht aber verändert sich seine Gefühlslage. In den frühen Morgenstunden, als die Wirkung des Schlafmittels nachlässt, meldet sich die Angst zurück. Während Frank noch im Halbschlaf vor sich hindämmert, ergreift sie Besitz von ihm. Noch ehe er wieder bei Bewusstsein ist, kreisen seine Gedanken wieder um seine Probleme bei der Arbeit. Frank erwacht schweißgebadet. Sein Schlafanzug ist klatschnass und riecht nach Angst.
Schlimmes Morgentief
So geht das ein paar Tage und Nächte. Frank hat heftige Morgentiefs, fühlt sich wie gerädert und ist kaum aus dem Bett zu kriegen. Die Dusche wirkt ein wenig ermunternd, mehr aber auch nicht. Er isst seine Mahlzeiten weitgehend lust- und appetitlos. Die Tage erscheinen ihm öde und lange. Die Nächte aber sind die Hölle. Trotz Schlafmittel liegt er lange wach und bekommt fast jeden der regelmäßigen Kontrollgänge mit, wenn die Pfleger schauen, ob alles in Ordnung ist. Aber egal, wie oft er sich hin und her wälzt, seine Situation bleibt unverändert.
Lustlos in der Sitzung
Die meisten Therapieangebote lässt Frank lustlos über sich ergehen. Die Entspannungsübungen sind angenehm, aber mehr auch nicht. In den Gesprächsrunden erkennt Frank zwei Gruppen: Teilnehmer, die gerne und viel über Belanglosigkeiten sprechen und andere, die kaum etwas sagen. Einzig die Sportangebote und die Ergotherapie scheinen ihm gut zu tun.
Belastungsprobe
Aus der geplanten Entlassung wird nichts. Franks Zustand ist nicht stabil genug. Das darauffolgende Wochenende verbringt Frank dennoch Zuhause - eine sogenannte Belastungsprobe. Er besteht sie nicht. Schon am ersten Abend hat er Angst vor dem Morgentief und ist froh, als er wieder in der Klinik ist.
Schlaflose Nächte
Die folgenden Tage sind einfach nur schrecklich. Frank wacht jeden Morgen nassgeschwitzt auf und sieht nur noch schwarz. Erst am Nachmittag hellt sich seine Stimmung etwas auf. In den Nächten findet Frank kaum Schlaf. Er sucht jetzt oft das Gespräch mit den Ärzten. Diese Gespräche tun ihm gut. Frank erkennt zwar, dass niemand seine Situation verbessern kann, dafür wird ihm nach und nach klar, dass er entscheiden kann, wie er damit umgeht.
Auf dem Weg der Besserung
Ganz langsam kommt in den Therapiegesprächen die Geschichte hinter Franks Zusammenbruch zum Vorschein: Die Arbeit hat ihn krank gemacht. Nicht der Job an sich, aber die personelle Entwicklung in der Abteilung. Schon seit einem guten halben Jahr war dort irgendwie alles ganz anders. Es gab viel Fluktuation in Franks Abteilung. Kollegen verließen das Unternehmen, neue kamen hinzu. Sie mussten eingelernt werden. Frank hat seinen Teil dazu beigetragen, aber mit den neuen Kollegen fühlt er sich nicht mehr so wohl wie früher. Das Klima in der Abteilung begann sich zu verändern.
Angst vor dem Versagen
Zuerst hat Frank das gar nicht wahrgenommen. Er hat einfach seinen Job gemacht, so gewissenhaft und motiviert wie immer. Aber beides ist im abhanden gekommen, die Achtsamkeit ebenso wie die Motivation. Irgendwann wollte Frank am liebsten nicht mehr zur Arbeit gehen. Aber das ging nicht. Frank wollte kein Versager sein. Er dachte: "Ich kann mir nicht erlauben, psychisch krank im Job zu sein."
Konkurrenz in der Abteilung

Vielleicht lag es daran, dass er mit den neuen Kollegen nicht so gut klar kam. Irgendwie war es nicht mehr wie früher. Das Miteinander ist zu einem Gegeneinander geworden. Frank spürte, dass die neuen Kollegen sich beweisen wollten. Konkurrenzdenken prägte den Alltag. Wenig später bekam die Abteilung auch einen neuen Leiter. Der verbrüderte sich schnell mit den ebenfalls neuen Kollegen. Vielleicht weil er generell frischen Wind in die Abteilung blasen wollte.
Schwierigkeiten mit dem Chef
Mit dem neuen Chef kam Frank gar nicht klar. Ständig bemängelte der Franks Leistungen und hatte kein Wort der Anerkennung für ihn übrig. Frank fühlte sich ungerecht behandelt. Anfangs hat ihn das noch geärgert. Aber was hätte er schon tun können? Der neue Chef hatte ja den Rückhalt von oben, dachte Frank und behielt seinen Frust lieber für sich.
Den Ärger geschluckt
Also hat Frank seinen Ärger geschluckt. Es war ihm einfach zu riskant, den Mund aufzumachen und für sich einzustehen. Er hatte Angst, dass der Schuss nach hinten losgehen könnte. Je mehr Frank darüber nachdachte, desto mehr wurde diese Angst für ihn zu einer Gewissheit.
Psychisch krank, ohne es zu wissen
Nach zwei Monaten fühlte Frank sich nur noch kraftlos. Alles erschien ihm sinnlos. Abends fühlte er sich total ausgelaugt und wollte nur noch schlafen. Kaum lag er im Bett, bekam er kein Auge zu, weil er laufend daran dachte, wie schlimm alles geworden war in der Arbeit. Dann wälzte er sich von einer Seite auf die andere und fand keinen Schlaf. Frank wusste es nicht, aber ist war psychisch krank .
Freudlose Tage und Wochen

Erst in den frühen Morgenstunden kam er zur Ruhe, aber da riss ihn der Wecker aus dem Schlaf. Frank lag dann im Bett und grübelte. Seine Lage erschien ihm komplett ausweglos. Alles wirkte düster und bedrückend. Seine Motivation aufzustehen ging gegen Null. Irgendwann bemerkte er dann, dass ihn seine Gedanken immer weiter in die Tiefe zogen. Frank nahm die Reste seiner Kraft zusammen, stand auf und schleppte sich ins Bad. Wieder so ein Tag ohne Freude, dachte er und putzte sich kraftlos die Zähne.
Kein Genuss mehr
Irgendwann bemerkte Frank, dass er Gewicht verlor. Immerhin etwas, dachte er, aber die Freude darüber hielt sich in Grenzen. Denn Frank hatte seit Wochen weder Appetit noch genoss er seine Mahlzeiten. Tatsächlich gab es überhaupt nichts mehr, was ihm Genuss bereiten konnte. Er war schon ewig nicht mehr im Fitnessstudio, er ging kaum noch raus und pflegte seine sozialen Kontakte nicht mehr. Frank ließ sich gehen. Er fühlte sich total erschöpft und konnte sich kaum auf etwas konzentrieren.
Konflikt spitzt sich zu
Dann, an einem Montagmorgen zitierte ihn sein Chef zu sich ins Büro. Der Chef war sauer, weil Frank so lustlos und unmotiviert wirkte. Und außerdem ließe seine Leistung sehr zu wünschen übrig. Er als Chef könne nicht zulassen, dass Frank als alter Hase ein falsches Vorbild für die neuen Kollegen abgebe. Das schade der ganzen Abteilung, sagte der Chef und stellte klar: Frank solle sich zusammenreißen oder sich Gedanken machen, ob er hier noch arbeiten wolle. Dass Frank psychisch krank sein könnte, war kein Thema in diesem Monolog, aus dem kein richtiger Dialog werden wollte. Frank sah keinen Sinn darin zu widersprechen.
Alles erscheint sinnlos
Frank war verzweifelt. Seine Feierabende verbrachte er nur noch Zuhause vor dem Fernseher, ohne das Programm zu beachten. Er starrte ausdruckslos auf die Mattscheibe. Seine Gedanken kreisten um eine Frage: Welchen Sinn hat das alles? Frank suchte und suchte, aber fand keine Antwort. Sein Leben erschien ihm sinnlos. Eigentlich, so dachte er, kann er es dann ja auch gleich beenden.
Erschreckende Gedanken
Dieser letzte Gedanke erschreckte Frank. Sein Leben beenden? So weit ist war es schon gekommen? Irgendwo in seinem Bewusstsein begann ein Alarmglöckchen zu klingeln. Frank wurde klar, dass er seit geraumer Zeit auf der Abwärtsspirale unterwegs war. Er spürte, dass das kein gutes Ende nehmen würde und tat etwas, dass er schon lange nicht mehr getan hatte: Er rief einen Freund Markus an.
Psychisch krank - Akzeptanz ist der Schlüssel

Jetzt in der Klinik tut es Frank gut, sich die ganze Geschichte von der Seele zu reden. Ihm wird klar, dass er krank ist. Er akzeptiert, dass er Zeit braucht, um wieder gesund zu werden – Zeit und professionelle Hilfe. Von da an geht es aufwärts. Immer wieder ertappt er sich dabei, dass er sich stabil und den Problemen gewachsen fühlt. In der vierten Woche geht es ihm spürbar besser. Die Ärzte reduzieren seine Medikamente.
Dann, an einem Dienstag, erfährt Frank in der Visite, dass er nach Hause darf. Er freut sich sehr darauf. Die Angst vor den Morgentiefs ist noch da, aber die Tiefs selbst scheinen überwunden. Am Nachmittag lässt sich Frank in der Klinik abholen.
Rückschlag
Er ist jetzt seit fast fünf Wochen krank geschrieben. Den Rest der Woche verbringt er noch Zuhause. Frank freut sich auf die feien Tage. Er will sie nutzen, um sich vollständig zu erholen. Frank ist zuversichtlich, hat einen ersten Termin beim Psychologen und fühlt sich wieder richtig stabil.
Am Wochenende aber wird ihm klar, dass er am Montag wieder tun muss, wovor er am meisten Angst hat: zur Arbeit gehen, wo alles noch so sein wird wie zuvor. Franks Gedanken beginnen wieder zu kreisen. Den Samstag übersteht er geradeso, aber als am Sonntag seine Schwester zu Besuch kommt, hört er sich selbst wieder diese gefährlichen Sätze sagen: „Das hat doch alles keinen Sinn mehr.“ Und: „Da kann ich mich ja gleich ausknipsen.“
Zurück in die Klinik
Frank weiß, dass er seiner Schwester keine andere Wahl lässt, als ihn wieder in die Klinik zu bringen. Er hat Angst, als Versager zu gelten, aber er sehnt sich zurück in die Obhut von Pflegern und Ärzten. Sie gibt ihm Sicherheit.
Unbegründete Ängste
Noch am selben Tag steht Frank wieder vor dem Stationszimmer in der Klinik. Seine Befürchtung, er werde dort als Schwächling oder Simulant beschimpft, erweisen sich als das, was sie sind: Ängste ohne realen Grund. Die Pfleger sind einfühlsam, die Ärzte auch. Franks Zimmer ist bereits vergeben. Er bezieht ein anderes und stellt sich auf einen weiteren Aufenthalt in der Klinik ein. Er ist jetzt seit sechs Wochen krankgeschrieben.
Psychisch krank - Was hilft?
So viel zu Frank. Solche Krankheitsverläufe gibt es heute mehr als früher. Betroffene brauchen vor allem zweierlei: professionelle Hilfe und viel Geduld. Anders als früher ist heute mehr Menschen bewusst, dass beispielsweise Depression eine ernst zu nehmende Krankheit ist und kein Zeichen von Schwäche. Sie auszuheilen braucht Zeit und – wie erwähnt – professionelle Hilfe. Betroffene tun gut daran, ihre Krankheit als solche zu akzeptieren und sich helfen zu lassen. Allein schafft das keiner.
Die Folgen
Krankheitsgeschichten wie die von Frank sind nicht nur traurig, sie kosten auch viel Geld. Und das schon bevor der Mitarbeiter sich krankschreiben lässt. Immer noch schleppen sich viele psychisch Kranke länger als gut für sie ist, zur Arbeit. Sie sind dort zwar anwesend, können aber nicht die gewohnte Leistung erbringen. Der wirtschaftliche Schaden ist enorm. Und er vervielfacht sich schnell, wenn der psychisch kranke Mitarbeiter über mehrere Wochen lang ausfällt.
Auf dem Vormarsch
Psychische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch. Das ist im Grunde keine Neuigkeit, denn das waren sie in den zurückliegenden Jahren auch. Eine Nachricht ist es dennoch, denn die Entwicklung nach oben setzt sich ungehindert fort. Im neusten Gesundheitsreport der Krankenkasse BKK ist von erneut drastischen Zunahme die Rede. Seit 2008 habe sich die Zahl Krankheitstage infolge psychischer Erkrankungen mit 129 Prozent mehr als verdoppelt. Mehr als 90 Prozent der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen sind, so der BKK-Report, den Diagnosen Depression, Angststörungen, Zwangsstörungen und somatoforme Belastungsstörungen zuzuordnen. Die auch bei Frank festestellte „depressive Episode“ (F-32), die bei ist dabei die bedeutendste Einzeldiagnose.
Rekord bei den Fehltagen
Im Klartext heißt das: Unternehmen müssen damit klarkommen, dass sich die Fehlzeiten wegen psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeit mehr als verdoppelt haben. Und das mit drastischen Folgen, denn psychische Erkrankungen rangieren mit 37 Fehltagen pro Fall auch in dieser Statistik ganz oben, schreibt die BKK.
Jeder sechste Fehltag wegen Arbeitsunfähigkeit ist darauf zurückzuführen, dass ein Mitarbeiter psychisch krank ist. Sie machen inzwischen 15,7 Prozent aller krankheitsbedingten Fehltage aus. In der Hitliste wichtiger Ursachen liegen die psychischen Erkrankungen damit auf dem dritten Platz, nach Atemwegserkrankungen sowie Muskel- und Skeletterkrankungen.
Psychisch krank - kein Tabuthema mehr
Psychische Erkrankungen seien „kein Tabuthema mehr“, sagt der BKK-Vorstand Franz Knieps. Solche Störungen seien früher durch die Diagnose von allgemeinen Störungen wie Kopfschmerzen, Migräne oder Unwohlsein verdeckt worden. „Dahinter lagen aber psychische Erkrankungen“, erklärt der BKK-Chef.
Monotonie macht krank
Was aber schützt davor am Arbeitsplatz psychisch krank zu werden? Holger Pfaff weiß Antworten auf diese Frage, mit der sich immer mehr Unternehmen beschäftigen. Autonomie und selbstbestimmtes Arbeiten seien sehr wichtig, erklärt der Direktor des Instituts für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft an der Universität Köln. Ein höheres Risiko entstehe dagegen durch monotones Arbeiten und geringe Eigenverantwortung.
Positives Klima hilft
Lob und Anerkennung seien zudem ausschlaggebend für den Erhalt der psychischen Gesundheit im Arbeitsleben, sagt Pfaff und meint damit Lob und Anerkennung durch Führungskräfte beziehungsweise den Arbeitgeber. Aber genau dort er ein Defizit: „Es mangelt immer noch an Wertschätzung für die Mitarbeiter in deutschen Unternehmen.“ Auch ein positives Klima unter Kollegen mit gegenseitiger sozialer Unterstützung minimiere das Risiko für psychische Erkrankungen, sagt Pfaff. Und das macht Menschen psychisch krank.
Alarmzeichen
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) sieht in den im BKK-Report genannten Zahlen „ein Alarmzeichen“. Sie zeigen nachdrücklich die Notwendigkeit weiterer Anstrengungen auf, heißt es in einer Pressemitteilung der Fachgesellschaft.
Hilfreiches Portal
Der Vorstand des BKK-Dachverbands Knieps verweist psyGA, ein Portal für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz. Dort finden Führungskräfte und Mitarbeiter Handlungshilfen, mit denen Sie gezielt die psychische Gesundheit Ihrer Mitarbeiter fördern können.
Beziehungskompetenz beugt vor
Wer Krankschreibungen, lange Fehlzeiten und letztlich auch Frühverrentungen verhindern will, muss Präventionsmaßnahmen stärken und vor allem seine Führungskräfte und Mitarbeiter trainieren. Denn deren Umgang miteinander bestimmt maßgeblich die Qualität des Betriebsklimas. Ein Chef, der seine Mitarbeiter in die Therapie treibt, schadet dem Unternehmen. Ein Mitarbeiter, der sich alles gefallen lässt und sich keine Hilfe holt allerdings auch. Beide müssen lernen, verantwortlich zu handeln. Und das kann man trainieren.
Effektives Training
Und Frank? Der geht inzwischen wieder zur Arbeit und hat Freude an seinem Job. Sein Hausarzt hat ihm Great Growing Up empfohlen. In mehren Trainingseinheiten hat Frank dort gelernt, wie er für sich einstehen kann, wenn seine Leistung nicht honoriert wird. Vor allem aber hat er trainiert, wie er für sich selbst Verantwortung übernehmen kann. Frank weiß jetzt, dass er seiner Angst eine Grenze setzen kann und selbst entscheidet, ob er seinen Befürchtungen glaubt und sich zurückzieht oder ob er für sich und seine Leistung einsteht. Letzteres gefällt ihm besser.
Unternehmen wollen wachsen. Menschen auch.
© Matthias Stolla 2019