Durchzug – Kein Bock auf Feedback

Feedback ist ja so wichtig

Feedback ist wichtig, und Feedback brauchen wir alle. Vor allem ein Trainer und Dozent wie ich braucht immer Feedback, einfach um weiterzukommen, um etwas dazu zu lernen, um mich zu entwickeln. Das ist die politisch korrekte Sichtweise, die ich auch selbst immer wieder vertrete, wenn ich Azubis trainiere, wenn ich Ausbilder trainiere oder auch wenn ich mein Trainingsprogramm vorstelle. Feedback ist unglaublich wichtig! Und doch stelle ich fest: Kein Bock auf Feedback ist weit verbreitet.

Feedback ist oft unbeliebt

Tatsache ist aber auch, dass Feedback nicht immer beliebt ist. Alle wollen Feedback, aber kein kritisches. Zumindest bei mir ist es so,  je nach Stimmungslage bin ich tatsächlich fähig, mir auch kritisches Feedback anzuhören, weil ich ja weiß: Nur in kritischem Feedback ist tatsächlich auch Wachstumspotenzial für mich gegeben. Wenn ich erfahre, was ich nicht so toll gemacht habe, was nicht so toll angekommen ist, kann ich daraus lernen. Vor allem, wenn das Feedback  konstruktiv geäußert ist,.

Kratzer im Ego-Lack

Jetzt stehe ich ja für Wachstum, vor allem auch mit meinem Trainingsprogramm „Great Growing Up“. Und ich habe mich auch der Entwicklung von Menschen verpflichtet, auch meiner eigenen übrigens. Und doch ist es so, dass ich immer wieder feststelle, kritisches Feedback anzunehmen ist tagesformabhängig. Es fällt mir hin und wieder schwer und ich stelle oft fest, dass es gerade in Trainings mit Auszubildenden (aber auch mit Ausbildern) immer wieder Situationen gibt, wo sich die Leute schwer tun, kritisches Feedback anzunehmen. Da hilft es auch nicht, wenn ich klarstelle: „Hey das ist doch wertvoll, das bringt dich doch weiter“. Fakt ist: Kritisches Feedback kratzt am Ego. 

Ego - die Idee von mir selbst

Ich definiere Ego so: Ego ist die Idee, die ich von mir habe. Das ist nicht notwendigerweise das, was ich wirklich bin und schon gar nicht das, wie ich nach außen auf andere Menschen wirke. Es ist die Idee, die ich von mir habe. Ich glaube, jeder Mensch hat so eine Idee, so eine Idealvorstellung von sich selbst. Ideal muss nicht immer positiv sein. Ein Ideal kann auch überkritisch sein. Manche Menschen betrachten sich deutlich kritischer als notwendig. Idealvorstellung heißt: mein persönliches Ideal. Mit allen Ecken und Kanten. Und wenn diese Vorstellung angekratzt wird, wenn es Kratzer am Ego-Lack gibt, weil jemand sagt „wow, das war jetzt nicht so toll, das könnte noch verbesserungswürdig sein“, dann reagiert Ego in der Regel, indem es sich schützt.

Wie wir auf Kritik reagieren

Wenn ich Auszubildende trainiere, kann das durchaus so ablaufen, wie jüngst bei einem Training für die Auszubildenden einer Firma aus der Region. Da hatten wir einen Azubi, einen klassischen Mützenträger. Witzigerweise der Einzige, der zusätzlich zu seiner Arbeitskleidung immer eine Baseball-Cap trägt. Ich gebe ihm Rückmeldung in dem Training und sage: „Hey Jan (der Name ist erfunden), deine Mütze macht mir Schwierigkeiten, weil sie dein Gesicht beschattet, und ich kann deine Mimik nicht erkennen. Ich kann, wenn ich gegen die Sonne schauen muss, nicht mal sehen, ob du sprichst oder ob es dein Nachbar war.“ Seine Rückmeldung ist: „Ja, aber ich trage die Mütze, weil ich mit meinem Haarstyling nicht zufrieden bin. Das ist nicht ideal.“

Annahme verweigert - Kein Bock auf Feedback

Jetzt kann es durchaus sein, dass das Jans wirklicher Grund ist, die Mütze nicht abzunehmen. Aber Fakt ist, er macht etwas, was viele Menschen tun, wenn sie kritisches Feedback bekommen: Er reagiert ablehnend und nimmt das Feedback nicht an. Feedback annehmen bedeutet für mich nicht zwingend, dass er sich die Mütze sofort vom Kopf reißen muss, nur weil ich Schwierigkeiten damit habe. Feedback annehmen wäre, wenn er einfach sagt: „Oh, das habe ich nicht gewusst, danke für die Rückmeldung.“

Warum wir uns rechtfertigen

Stattdessen aber macht Jan etwas, das Menschen oft tun, wenn sie mit kritischem Feedback konfrontiert werden. Er erklärt sich. Der Fachbegriff ist: Er rechtfertigt, warum er seine Mütze trägt. Und wegen mir darf er seine Mütze tragen, ich würde mir als Trainer nur wünschen, dass er sich auch anhört, wie diese Mütze wirkt. Und zwar auf andere. Unabhängig davon, was er ausdrücken will. Auch unabhängig davon, was er meint, weshalb er diese Mütze trägt. Auf Feedback, auf kritisches Feedback, dass wir bekommen, mit einer Erklärung zu reagieren ist eine der elegantesten Methoden, die Annahme von Feedback zu verweigern. Nochmal, es geht nicht drum, dass Jann die Mütze abnimmt. Es geht darum, dass er sich anhört und für möglich hält, dass das, was er von außen als Rückmeldung bekommt, tatsächlich wahr sein kann.

Mit Feedback-Verweigerern umgehen

Es kann ganz schön anstrengend sein, mit Menschen umzugehen, die Feedback verweigern, indem sie sich erklären oder indem sie es - weniger elegant - abstreiten: „Nein, das stimmt nicht, das ist nicht so!“ Und nicht selten werde ich dann irgendwann ärgerlich. Und ich kann mir auch gut vorstellen, dass Ausbilder in Unternehmen irgendwann ärgerlich werden, wenn Azubis oder andere Ausbilder, einfach Menschen, mit denen Sie zu tun haben, Feedback partout nicht annehmen wollen. Es ist normal, es ist natürlich, dass wir darauf mit Ärger reagieren.

Achtung Explosionsgefahr!

Die R. Stahl Schaltgeräte GmbH in Waldenburg ist witzigerweise ein Spezialist, ein Weltmarktführer, in Sachen Explosionsschutz. Mario Retzbach, der Ausbildungsleiter von R. Stahl ,hat eine Erklärung dafür, wie die Ausbilder bei Stahl dafür sorgen, dass sie eben nicht so schnell explodieren, wenn ihre Azubis kein Feedback annehmen. Die Methode ist: Sie stellen erstmal klar, was sie von ihren Azubis erwarten.

Mario Retzbach:Was sie einfach brauchen ist Lust, in so einem tollen Unternehmen, wie wir das sind, mitzuarbeiten und am Erfolg teilzuhaben.“

Die Anti-Fehler-Kultur und ihre Folgen

Das Unternehmen wünscht sich also Azubis, die Lust haben, am Erfolg teilzuhaben. Das ist eine sehr elementare Positionsbestimmung, und ein Anforderungsprofil, das mir sehr gefällt. Warum? Weil es etwas aufnimmt, das eigentlich natürlich ist. Eigentlich mag ich das Wort „eigentlich“ nicht, aber ich habe es hier bewusst verwendet. Es ist eigentlich natürlich, dass junge Menschen einen Beitrag leisten wollen. Wer mit Kleinkindern zu tun hat, sieht das. Sie wollen mitmachen, sie wollen mithelfen, und sie lernen, indem sie kopieren. Für kleine Kinder ist das ganz natürlich. Und ich kenne eine ganze Menge Ausbilder, die sich wünschen würden, dass ältere junge Menschen, also Azubis, diese Haltung ebenfalls zeigen würden. Tun sie aber oft nicht. Warum nicht?

In der Schule abtrainiert

Warum verlieren so viele Menschen den natürlichen Antrieb, einen Beitrag leisten zu wollen? Ich glaube, dass das viel mit unserer Fehler-Kultur, oder besser gesagt mit unserer Nicht-Fehler-Kultur zu tun hat. Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, es war nicht wirklich von Vorteil, einen Fehler zu machen, etwas falsch zu machen. Und es war auch nicht wirklich von Vorteil, eine Frage zu stellen, in der Art von: „Entschuldigung, ich habe das nicht verstanden.“ Also wenn schon nicht der Lehrer negativ auf so eine Frage reagiert hat, dann waren das zumindest manche Klassenkameraden.

Ohne Nicht-Können kein Lernen

Das Eingeständnis „Ich kann etwas noch nicht. Ich möchte es nochmal erklärt oder gezeigt bekommen“ wird in Regel nicht mit Beifall beantwortet. Das ist sehr schade! Denn Kinder, Jugendliche und auch Azubis können nicht alles können. Wir erwarten von Ihnen, dass sie lernen. Folglich sollten wir von Ihnen erwarten, dass sie Fehler machen. Denn sie werden es nicht lernen, ohne Fehler zu machen. Kein Kleinkind lernt laufen, ohne auf seinen Hintern zu fallen. Es gibt sogar eine Statistik, wie oft Kinder auf Ihren Hintern fallen. Ich habe keine Ahnung, ich schätze unter hundert Mal wird da nichts abgehen. Niemand lernt, ohne Fehler zu machen.

Antrieb verkümmert

Die Art und Weise, wie die Menschen um mich herum auf meine Fehler reagieren, hat maßgeblichen Einfluss darauf, ob ich diesen Antrieb, einen Beitrag zu leisten, beibehalte oder ob er verkümmert. Die traurige Wahrheit ist, dass bei vielen jungen Menschen dieser Antrieb verkümmert ist. Ich betone, bei vielen. Ich mache die Erfahrung, dass es immer wieder erfreuliche Ausnahmen gibt. Und das ist gut so!

Kein Bock auf Feedback - Im Durchzug-Modus

Mario Retzbach hat gesagt, Stahl, das Unternehmen in dem er arbeitet, wünscht sich, dass Azubis am Erfolg teilhaben wollen. Ich glaube, dass es jungen Menschen relativ leichtfällt, solange sie den Erfolg selbst auch erleben. Solange sie erfolgreich sind mit dem, was sie tun. Schwierig und ein wenig komplizierter wird’s dann, wenn die Azubis keinen Erfolg haben. Sprich, wenn ein junger Mensch einen Fehler macht bei der Arbeit, die er zu erledigen hatte. Dann muss er damit rechnen, dass er von seinem Ausbilder Rückmeldung bekommt. Ich halte das auch für sehr wichtig. Schließlich soll der junge Mann oder die junge Frau ja lernen, wie er oder sie es künftig besser machen kann.

Stressfaktor Feedback geben

In meinen Trainings für Ausbilder erlebe ich immer wieder Teilnehmer, die sehr bewegt schildern, wie unglaublich schwer es für sie ist, ihren Azubis kritisches, lehrreiches Feedback zu geben. Weil die Reaktionen alles andere als erfreulich sind. Junge Leute rollen die Augen, hören überhaupt nicht zu, streiten alles ab, rechtfertigen sich, erklären, dass die Rückmeldung so gar nicht stimmt und auch nicht angemessen ist. Oder sie hören schlicht und ergreifend nicht zu und schalten stattdessen auf Durchzug.

Stressfaktor Feedback erhalten

In meinen Trainings mit Auszubildenden wiederum erlebe ich oft genau das, was die Ausbilder schildern: Junge Menschen, die kritisches Feedback abwehren, als würde man sie mit etwas Ekligem bewerfen. Wenn ich jemandem kritisches Feedback geben möchte und zudem will, dass er das auch annimmt, muss ich das berücksichtigen. Die meisten Menschen wollen erstmal kein kritisches Feedback. Da nützt es nichts, wenn ich mich auf die politisch korrekte Haltung konzentriere und davon ausgehe, dass kritisches Feedback wichtig und wünschenswert ist und uns weiter bringt. Fakt ist: Der, dem ich das sagen will, will es meistens nicht hören. Mario Retzbach erklärt das so:

Mario Retzbach: „Wir haben als Unternehmen die Aufgabe, sie entsprechend dort abzuholen, wo sie gerade stehen und sie dann für diesen Beruf einfach zu begeistern.“

Raus aus dem Feedback-Dilemma

Wenn ich jemanden kritisches Feedback geben will, genügt es nicht, wenn ich mir vorher Gedanken drüber mache: Wo steht denn der Jan gerade? Was hat er gelernt, was kann er, was kann er nicht? Wo ist er denn gerade? Schauen, wo er gerade steht, beginnt im Moment. Ich erlebe oft Menschen, Ausbilder, die ihren Azubis kritisches Feedback geben wollen und das im Prinzip über den Tisch hinweg hinüber rufen. „Du, hör mal Jan, so funktioniert das nicht, so kannst du das nicht machen!“ Das geht meistens schief. Warum geht das schief? Weil Schritt 1 nicht befolgt wird.

Schritt 1: Beziehung erschaffen

Schritt 1 heißt: Tritt erstmal in Beziehung mit dem Menschen, dem du etwas Heikles sagen möchtest. Was bedeutet das konkret? Wenn ich jemandem kritisches Feedback geben möchte und ihm das zwischen Tür und Angel zurufe oder über zwei Tische hinweg möglichst noch vor Publikum, kann ich mir schon sicher sein, dass es schief gehen wird. Die Kratzer im Ego sind umso tiefer, je ungeschickter ich mich anstelle. Und je mehr Publikum dabei ist, das mithört, wenn ich Jan kritisches Feedback gebe, desto eher wird Jann das so empfinden, dass er sein Gesicht verliert. Und junge Menschen heute legen sehr viel Wert darauf, dass sie ihr Gesicht nicht verlieren. Was im Grunde nicht viel anderes bedeutet, dass sie gerne gut dastehen möchten ohne Kratzer im Ego-Lack.

Great Growing Up trainiert beides: Feedback annehmen und geben.
Die Freude darüber, Feedback zu geben, ist oft kaum größer als die, es zu erhalten.

Es beginnt mit Blickkontakt

Was also muss ich tun, wenn ich Jan für sein Verhalten oder für seine Arbeit kritisches Feedback geben möchte? Schritt 1: Ich muss zunächst mal mit ihm in Beziehung treten. Das sind ganz elementare Basisschritte, die ich im Grunde auch in der Kindererziehung anwenden möchte. Wenn ich meinem Vierjährigen zu Hause klarstellen möchte, dass er zum Beispiel die Finger von der Fernbedienung weglassen soll oder - noch viel wichtiger - die Finger von meinen wertvollen CDs lassen soll. Dann nützt es nichts, wenn ich ihm das sage, während er mir seinen Rücken zukehrt. Ich muss mit ihm in Beziehung treten. Ich muss ihn ansprechen, ich muss Blickkontakt herstellen. Ein wesentlicher Teil des Prozesses In-Beziehung-Treten geschieht über den Blickkontakt.

Feedback für die Katz'

Wenn ich aber als Ausbilder schon weiß, dass kritisches Feedback geben heikel ist, kann ich ruhig davon ausgehen, dass ich selbst als Ausbilder Angst davor habe. Wenn ich Angst davor habe, aber es trotzdem tun muss, dann kann es durchaus sein, dass ich genau diesen Schritt In-Beziehung-Gehen vernachlässige. Ihn vielleicht sogar streiche. Das ist eine unbewusste Entscheidung. Ich rufe dann Jan mein Feedback einfach zu, wende mich meiner Arbeit wieder zu, und der Fall ist erledigt. Dann habe ich zwar Feedback gegeben, aber ich kann fast sicher davon ausgehen, dass es bei Jan nicht angekommen ist. Geschweige denn, dass er überhaupt nur dran denkt, es umzusetzen.

Aufmerksamkeit herstellen

Also, was muss ich tun? Ich muss mit Jan in Beziehung treten, ihn ansprechen, Blickkontakt herstellen, und erstmal seine Ohren öffnen, seine Aufmerksamkeit erlangen. Möglicherweise muss ich sogar drum bitten: „Hey Jan, hast du mal kurz zwei Minuten für mich, ich würde gerne mit dir über etwas reden?“ Ich brauche seine Bereitschaft, mir zuzuhören. Dafür muss er sich entscheiden. Ich kann nicht davon ausgehen, dass Jan permanent auf Empfang ist, und nur darauf wartet, dass ich ihm kritisches Feedback gebe. So wird das nicht sein. Wenn ich aber Jan darum bitte, sich kurz Zeit zu nehmen und mir seine Aufmerksamkeit zu schenken, gebe ich ihm die Gelegenheit, sich bewusst dafür zu entscheiden. Damit habe ich ihn schon ein Stück weit im Boot. Meine Erfahrung ist, wenn ich auf das Beziehung-Herstellen verzichte, kann ich mein kritisches Feedback im Grunde für mich behalten.

Great Growing Up steht für Feedback-Kultur, aber auch für Wertschätzung.
Kritisches Feedback ohne jegliche Anerkennung ist schwer verdaulich.

 Schritt 2: Mischverhältnis beachten

Achten Sie auf das richtige Mischverhältnis. Menschen fällt es grundsätzlich leichter kritisches Feedback anzunehmen, wenn Sie wissen, dass sie für gute Leistungen auch Wertschätzung, Anerkennung, manche nennen es auch Lob, erfahren. Menschen stehen auf Anerkennung. Sie sorgt für den Hochglanz im Ego-Lack. Es kann auch hilfreich sein, dem kritischen Teil Ihres Feedbacks erstmal einen positiven, einen anerkennenden Part voran zu stellen. So öffnen Sie die Ohren Ihres Azubis dafür, dass er sich etwas sagen lässt. Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass Ihre Haltung entscheidend dazu beiträgt, ob Ihr Azubi Ihr kritisches Feedback hören und annehmen will oder nicht. Wenn Sie ihm oberlehrerhaft begegnen, oder vorwurfsvoll oder permanent angreifend, wird er tun, was Menschen in solchen Situationen immer tun: Er wird auf Widerstand umschalten.

Der Türöffner: Anerkennung

Wenn er Sie als wohlwollenden Begleiter erfährt, kann es durchaus sein, dass Sie sich gar nicht viel Mühe geben müssen und er nimmt Ihr kritisches Feedback an. Vor allem dann, wenn er Sie als Vorbild darin erlebt. Wenn Sie sich zur Verfügung stellen und selbst auch kritisches Feedback, sogar von Ihren Azubis, anhören und es annehmen, ohne es abzustreiten, ohne es zu erklären, ohne sich zu rechtfertigen, ohne auf Durchzug zu schalten, dann sind Sie ein Vorbild! Und von nichts lernen die Menschen so leicht, wie von Vorbildern.

Was Feedback annehmen wirklich bedeutet

Übrigens: Feedback annehmen bedeutet nicht, es für die unumstößliche Wahrheit zu halten. Feedback annehmen bedeutet die Sichtweise des anderen zu akzeptieren und davon auszugehen, dass etwas Lehrreiches für mich darin steckt. Ich unterschreibe nicht, dass mein Gegenüber mit seinem kritischen Feedback die nackte, lautere Wahrheit spricht oder sieht.

Schritt 3: Wohlwollend vorleben

Die dritte und letzte Regel in dieser Episode lautet: Gehen Sie davon aus, dass junge Menschen nicht automatisch erwachsen werden. Was es braucht, sind: Erwachsene, die vorleben und sie wohlwollend begleiten. Wenn das Ihre Haltung ist, haben Sie gute Chancen, dass die Ohren Ihrer Azubis grundsätzlich offen sind, auch für kritische Rückmeldung. Vor allem, weil Sie vorleben, wie sie damit umgehen.

Die Haltung entscheidet

Wie so eine Haltung aussehen kann, beschreibt Mario Retzbach von der R. Stahl Schaltgeräte GmbH in Waldenburg:

Mario Retzbach: „Oft ist es so, dass sie hier ankommen und haben einfach keinen Bock mehr auf Schule. Und wenn wir jetzt in der Lage sind, sie zu begeistern z.B. mit unseren technischen Berufsrichtungen und sie dann eher animieren und sagen: „Hey lasst euch darauf ein!“, dann haben wir die Erfahrung gemacht, dass richtig tolle Sachen dabei rausgekommen sind. Dass Azubis sich richtig toll entwickeln. Vielleicht auch durch unsere Auslandseinsatzmöglichkeit. Aus diesen jungen Leuten werden dann erwachsene Männer und Frauen. Es ist richtig toll, sie begleiten zu dürfen.“

Feedback-Kultur erschaffen

So eine Haltung bietet die Basis dafür, dass Feedbackkultur entstehen kann. Klar ist aber auch, dass sie damit rechnen dürfen, dass eine solche positive Feedbackhaltung Ihnen Ausnahmen nicht ersparen wird. Es wird vermutlich immer wieder Azubis und andere Mitarbeiter  geben, die auf Feedback-resistent umschalten. Mein Tipp für solche Fälle: Gehen Sie in solchen Situationen davon aus, dass das Leben Ihnen gerade Feedback gibt. Vielleicht steht es für Sie an, Konsequenzen durchzusetzen, Klartext zu reden, sich Ihren Azubi auf eine angemessene Art zur Brust zu nehmen. Es gibt immer Feedback. Das Leben gibt uns immer Feedback, und es gibt immer etwas zu lernen. Mein Tipp ist: Gehen Sie grundsätzlich davon aus, dass in jedem Feedback eine Lernbotschaft für Sie steckt!

Kurz zusammengefasst

Zum Schluss nochmal die drei angesprochenen Regeln:

  1. Stellen Sie Beziehung her.
  2. Achten Sie auf das Mischverhältnis.
  3. Leben Sie vor und gehen Sie davon aus, dass Menschen nicht von alleine erwachsen werden.

Gerade junge Menschen brauchen heute oft jemanden, der sie wohlwollend führt. Und darum geht’s beim ganzheitlichen Ausbilden.

Unternehmen wollen wachsen. Menschen auch.

© Matthias Stolla 2017